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Lernort Bibliothek – zwischen Wunsch und Wirklichkeit, Teil 5 Konzept

Kennzeichen des Lernortes Bibliothek

Die Aufgaben Öffentlicher Bibliotheken wurden in der Vergangenheit in zahlreichen Publikationen ausführlich beschrieben. Dabei war es nie einfach einen Konsens zwischen den unterschiedlichen Bibliotheksgrößen zu finden. Selbstverständlich hat jede Bibliothek ihre Spezifika – bedingt durch ihr Einzugsgebiet, ihre Zielgruppen und natürlich die verfügbaren Ressourcen.

Die Projektgruppe stand vor keiner leichten Aufgabe, als es darum ging, den Lernort Bibliothek zu beschreiben. Die Stadtbibliotheken Köln und Münster mussten sich in der Beschreibung genauso wiederfinden wie Rheinbach oder Bergheim. Der Text sollte möglichst viele Aspekte des Themas einschließen und gleichzeitig nicht ins Unverbindliche abschweifen.

Um die „Bodenhaftung“ nicht zu verlieren, besannen sich die Bibliotheken zunächst auf die Kernkompetenzen Öffentlicher Bibliotheken. Von dieser Definition ausgehend, wurde eine Beschreibung des Lernortes Bibliothek in Begriffspaaren entwickelt.

Kernaufgaben Öffentlicher Bibliotheken

Wenn man Bibliotheksarbeit einmal von allen Ausschmückungen entblättert, so kristallisieren sich zwei Pole heraus:
Die Befähigung, eine Informationssammlung durch kompetente Auswahl, Erschließung und Präsentation von Medien mit Blick auf eine bestimmte Zielrichtung aufzubauen einschließlich der Fähigkeit, die unterschiedlichen Quellen auf ihre Eignung für bestimmte Informationsprozesse zu bewerten.
Und – als zweiter Pol – die Fähigkeit, im Kundengespräch zu ermitteln, welche Informationen Jemand für seine spezifischen Bedürfnisse benötigt.

Darüber hinaus möchten Bibliotheken an ihre Kunden Grundkenntnisse ihres eigenen Wissens vermitteln. Viele Bibliotheken bieten Schulungsprogramme an, in denen es um die Vermittlung von Medienkenntnissen und Recherchefähigkeiten geht. Der Bibliotheksbesucher soll am Ende dieses Vermittlungsprozesses in der Lage sein, seine Informationssuche kompetent selber zu gestalten.

Konzept

Bei der Entwicklung des Konzeptes „Lernort Bibliothek“ hat die Arbeitsgruppe diese Kernaufgaben Öffentlicher Bibliotheken stets im Hinterkopf behalten.
Übertragen auf ein zukunftsfähiges Angebot im Bereich des individuellen Lernens wurde Folgendes formuliert:

Nicht-kommerziell und wohnortnah
Der „Lernort Bibliothek“ ist nicht-kommerziell ausgerichtet und somit das Gegengewicht zu kommerziellen Informationsanbietern. Er eröffnet allen Bürgerinnen und Bürgern den wohnortnahen Zugang zu Informationen und einer anregenden Lernumgebung.

Anregend und offen
Der „Lernort Bibliothek“ ist als realer Raum präsent. Er ist ein offener Raum, in dem Menschen mit unterschiedlichen Ideen zusammenkommen. Er bietet die Möglichkeit zur Kommunikation und zum Austausch durch zufällige Begegnungen, geplante Treffen und Veranstaltungen. Er ist ein lebendiger Treffpunkt / Ort innerhalb der und für die Kommune.

Kulturell und bildend
Der „Lernort Bibliothek“ will Kultur und Bildung unter seinem Dach vereinen. Er entwickelt eigene Aktivitäten, um insbesondere die Literatur in den Blickpunkt der Bürgerinnen und Bürger zu rücken. Er fördert die Lesekultur, indem er neugierig auf alle Formen der Literatur macht und insbesondere für Kinder und Jugendliche Leseförderangebote bereit hält. Es gehört zu seinen Aufgaben, die Schlüsselqualifikation „Lesen“ in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zu fördern und Freude am Lesen zu vermitteln. Durch seine vielfältigen Literatur- und Leseförderaktivitäten eröffnet er den Zugang zur und den Umgang mit Sprache.

Einladend und kommunikativ
Der „Lernort Bibliothek“ lädt ein, Neues zu entdecken und mit anderen ins Gespräch zu kommen. Neben ruhigen Arbeitszonen bietet er einladende Kommunikationsflächen, in denen man sich bei Kaffee und Snacks erholen kann. Er ist hell und freundlich gestaltet. Individuelle Arbeitsplätze werden durch Gruppenarbeitsräume ergänzt, wobei die Arbeitsplätze über eine moderne IT- und Technikausstattung verfügen. Er bietet die Möglichkeit, seine individuelle Lernumgebung für einen begrenzten Zeitraum zu buchen.

Virtuell und gestaltend
Das Internet eröffnet Kommunikation über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg. Neue Formen der Kultur- und Wissensvermittlung entstehen. Der Lernort Bibliothek ist Teil virtueller Netzwerke und gestaltet diese aktiv mit.

Freundlich und unterstützend
Im „Lernort Bibliothek“ steht kompetentes Personal zur Verfügung, das die Bibliothekskunden bei ihrer Informationssuche und der Gestaltung ihres Lernprozesses berät und unterstützt. Er bietet neben individueller Beratung ein breites Schulungsprogramm im Bereich Informationsrecherche und Lernsoftware und trägt auf diese Weise dazu bei, die Informationskompetenz seiner Kunden zu fördern. Hierbei arbeitet er mit anderen Institutionen zusammen.

Multimedial und qualifiziert
Der „Lernort Bibliothek“ bietet umfassende und qualifizierte Informationen zum Wissenserwerb. Das Medienangebot bezieht alle Medienformen mit ein – digital ebenso wie physisch. Der gut erschlossene Medienbestand der Bibliothek wird ergänzt durch externe Informationsquellen. So ermöglicht und unterstützt der Lernort Bibliothek die Organisation von individuellen Informationssammlungen seiner Kunden.

Spielerisch und experimentell
Die Welt der PC-Spiele gewinnt einen immer stärkeren Einfluss auf die Gestaltung digitaler Lern- und Informationsangebote. Der Lernort Bibliothek eröffnet die Möglichkeit diese vielfältige Spielewelt in einem geschützten Raum zu erkunden. Unterstützt durch qualifiziertes Personal kann der Umgang mit neunen technischen Entwicklungen spielerisch erprobt werden. Auf diese Weise fördert der Lernort Bibliothek die Medienkompetenz der Bibliothekskunden.

Selbstverständlich liest sich dieser Text flüssig und so manche Bibliothek wird sich fragen, was dieses Konzept Neues zu bieten hat. Viele der dort angesprochenen Aspekte sind ja schon realisiert. Aber ist dies wirklich so – vor allem, wenn man an die gesellschaftlichen Trends und Entwicklungen der Medienlandschaft denkt? Deshalb werden die hier getroffenen Aussagen im nächsten Blog-Beitrag alle hinterfragt.

Vorherige Beiträge zum Projekt finden Sie hier:
https://oebib.wordpress.com/2010/10/20/lernort-bibliothek-%e2%80%93-zwischen-wunsch-und-wirklichkeit-teil-1/

https://oebib.wordpress.com/2010/10/27/lernort-bibliothek-%e2%80%93-zwischen-wunsch-und-wirklichkeit-teil-2/

https://oebib.wordpress.com/2010/11/03/lernort-bibliothek-%e2%80%93-zwischen-wunsch-und-wirklichkeit-teil-3/

https://oebib.wordpress.com/2010/11/10/lernort-bibliothek-%e2%80%93-zwischen-wunsch-und-wirklichkeit-teil-4/