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Lernort Bibliothek – zwischen Wunsch und Wirklichkeit, Teil 2 Trendanalyse

Gesellschaftliche Trends und Ausgangssituation

Seit einigen Jahren werden die Auswirkungen der technischen, medialen und der daraus resultierenden gesellschaftlichen Entwicklungen auf die Bibliotheken in Fachforen, auf  Tagungen und in Publikationen diskutiert. Auch für die Projektbibliotheken im Rahmen des Pro-jektes „Lernort Bibliothek“ waren diese Fragen von zentraler Bedeutung.

Zunächst wollte die Arbeitsgruppe jedoch festhalten, wo die Bibliotheken aktuell stehen. Welche Lernangebote gibt es bereits? Welche Kooperationspartner hat man? Wo ist die Konkurrenz zu sehen? Gibt es Konzepte und Angebote von anderen Bibliotheken, die für die weiteren Überlegungen herangezogen werden können?
Arbeitsteilig wurde eine Ist-Analyse erstellt. Wie nicht anders zu erwarten, gab es eine breite Angebotspalette im Bereich des schulischen Lernens. Services für das außerschulische Ler-nen beschränkten sich in der Regel auf die Bereitstellung von Medien und deren Vermittlung im Auskunftsdienst. Es wurde also schnell deutlich, dass man noch einen weiten Weg vor sich hat.

Um über neue Serviceangebote nachdenken zu können, musste man sich in einem weiteren Schritt mit den Zukunftsperspektiven beschäftigen. Welche Rolle spielt das Internet für die Informationsversorgung, welche Medienformate werden sich durchsetzen? Nach kontroverser Diskussion verschiedener Studien und Szenarien entschied die Projektleitung, Christoph Deeg von der Zukunftswerkstatt e.V. zu bitten, seine Vorstellungen von den Zukunftstrends zu präsentieren. In einem engagierten Vortrag gelang es Christoph Deeg, neue Impulse zu geben. Aus diesem ersten Kontakt entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit der Zu-kunftswerkstatt e.V. im zweiten Projektjahr.

Im Sommer 2009 formulierte die Projektgruppe folgende Aussagen zu den zukünftigen Rahmenbedingungen für Öffentliche Bibliotheken:

  • Nicht die Bibliothek mit ihrem physischen Medienbestand, sondern das Internet gewährleistet in Zukunft den öffentlichen Zugang zu Informationen. Das Besondere und Einzigartige der Bibliothek bleibt ihre Fähigkeit, eine qualifizierte Auswahl zu treffen und Informationen strukturiert zu erschließen.
  • Vor allem für die kurzfristige Informationsbeschaffung wird die Nutzung digitaler Inhalte weiter wachsen. Bibliotheken müssen mit ihren Angeboten deshalb deutlich stärker im Internet agieren. Die Einbindung in soziale Netzwerke und die Verknüpfung mit Web 2.0-Tools wird eine der Hauptaufgaben in den kommenden Jahren sein.
  • Im Bereich der Printmedien vollzieht sich derzeit vor allem für Sachinformationen ein Wechsel vom analogen zum digitalen Medium. Diese Entwicklung wird die Bereitstellung von Lernmaterialien in Bibliotheken stark beeinflussen, wenn auch davon auszugehen ist, dass es weiterhin ein Nebeneinander von Print- und digitalen Medien geben wird.
  • Künftig wird nicht mehr die Bereitstellung von Inhalten, sondern die Beratung bei der Informationssuche und dem Umgang mit verschiedenen Lernmedien in den Vordergrund der Bibliotheksarbeit rücken. In Zukunft müssen Bibliotheken ihre Kunden u.a. verstärkt bei der Organisation ihrer eigenen Informationssammlungen unterstützen. Über den Beratungsprozess wird der Medienbestand der Bibliothek (digital und in Printform) in die individuelle Informati-onssammlung der Kunden integriert.
  • Angesichts der Schnelllebigkeit der Zeit und der immer unpersönlicher werdenden Kommu-nikationswege wächst der Bedarf nach einem individuellen Raum innerhalb des öffentlichen Raums. Die Besucher nutzen nicht nur das Medienangebot und die technischen Möglichkeiten der Bibliothek für ihren Lernprozess, sondern zunehmend auch den Raum an sich. Die Aufenthaltsqualität von Bibliotheken bekommt eine immer größere Bedeutung.

Auf dieser Grundlage formulierte die Arbeitsgruppe anschließend ihre Definition von Lernen, die im nächsten Blogbeitrag vorgestellt wird.

Vorherige Beiträge zum Projekt finden Sie hier:
https://oebib.wordpress.com/2010/10/20/lernort-bibliothek-%e2%80%93-zwischen-wunsch-und-wirklichkeit-teil-1/